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Familiäre Hypercholesterinämie

Erbliche Stoffwechselstörungen werden oft nicht oder zu spät erkannt. Dabei sind sie weder selten noch harmlos. Denn etwa jeder 300ste Mensch in Österreich leidet an einer familiären Hypercholesterinämie (FH), die man heute als Autosomal Dominante Hypercholesterinämie (ADH) bezeichnet. Die Krankheit ist unter den häufigsten, wenn nicht die häufigste genetische Erkrankung in der allgemeinärztlichen Praxis; sie geht mit einer Erhöhung der LDL Konzentrationen im Blut und rasch fortschreitender Atherosklerose einher. Wirklich symptomatisch wird sie meist erst mit Auftreten eines akuten Ereignisses (Myokardinfarkt, Schlaganfall). Zwischen 5 und 10 Prozent aller Koronarkranken unter 55 Jahren sind von der heterozygoten FH betroffen. Das LDL-Cholesterin (LDL-C) ist mit etwa 200 bis 350 mg/dl etwa doppelt so hoch wie bei Gesunden.

Bei Männern beträgt das kumulative Risiko für eine manifeste koronare Herzkrankheit 90 Prozent bis zum 60. Lebensjahr, bei Frauen 40 Prozent bis zum 60. Lebensjahr. Dies entspricht einem etwa 5-fach erhöhten Risiko gegenüber der Gesamtbevölkerung.

Wie bei anderen Erkrankungen mit dominantem Vererbungsmodus ist die Hälfte der Verwandten ersten Grades ebenfalls betroffen. Homozygote Patienten haben in der Regel ein LDL-Cholesterin zwischen 650 bis 1000 mg/dl. Die koronare Herzkrankheit manifestiert sich häufig schon im ersten Lebensjahrzent, vereinzelt können Herzinfarkte bereits im zweiten Lebensjahr auftreten, etwa die Hälfte der Homozygoten erleidet vor Erreichen des 40. Lebensjahres einen tödlichen Herzinfarkt.

Ursache der Familiären Hypercholesterinämie

Die häufigste Ursache der FH ist eine Verminderung oder ein völliges Fehlen funktionstüchtiger LDL-Rezeptoren. Weltweit sind bisher mehr als 1700 unterschiedliche Mutationen im LDL-Rezeptor bekannt. Überwiegend handelt es sich hierbei um Punktmutationen. Viele treten oft nur in einer einzigen Familie auf. Ist die Mutation in einer Familie bekannt, so ist die Suche nach weiteren Betroffenen leicht. Dies trifft auch zu, wenn Mutationen in bestimmten ethnischen Gruppen überrepräsentiert sind (sogenannter „founder effect“). In selteneren Fällen können Defekte des Apolipoprotein B, des wesentlichen Liganden des LDL-Rezeptors oder aber des PCSK9 (proprotein convertasesubtilisin/kexin type 9) Ursache der FH sein. PCSK9 ist eine Protease, die am zellulären Abbau von LDL-Rezeptoren beteiligt ist. Wenn sie aufgrund genetischer Veränderungen eine erhöhte Aktivität aufweist (sog. gain-of-function Mutationen), werden mehr LDL-Rezeptoren als normalerweise abgebaut und das LDL-C steigt an.